Zweitzeugen hundertfach
Um überhaupt an dieser Gedenkfeier teilnehmen zu können, gab es einen Workshop mit zwei Mitgliedern des Heimatsucher-Vereins, die uns ihr Projekt "zweitzeugen" vorstellten und uns von Ellisheva Lehman erzählten.
Sarah Hüttenberend hat den Verein im Zuge ihres Studiums ins Leben gerufen. Ursprünglich ging es nur um einige Bilder von den Zeitzeugen, aber ihr wurde schnell bewusst, dass die Geschichten dieser grausamen Zeit zu wertvoll sind, um vergessen zu werden. Zuerst haben wir über den Nationalsozialismus allgemein gesprochen. Dann haben wir einen Tagesablauf zusammengestellt, so wie er für uns heute Alltäglich ist. Der wurde dann mit dem Leben der Juden zur Zeit des Nationalsozialismus verglichen. Wir haben die Gesetze und Vorschriften, die erlassen wurden, um das Leben für Juden einzuschränken und letztlich unerträglich zu machen, auf unser Leben angewendet und konnten erkennen, wie sich das Leben im Zeichen dieser Bedingungen bis zur Unkenntlichkeit veränderte.

Danach wurde uns dann vom Leben von Elisheva erzählt. Es war sehr emotional, denn Eli hatte sehr viele Schicksalsschläge erleben müssen und ist trotzdem der Meinung, wenn sie heute auf ihr Leben zurückschaut, dass es ein schönes Leben war. Es war ein toller Workshop und eine interessante Geschichte. Am Ende haben wir sogar Briefe an Elisheva geschrieben, weil sie heute in Israel in einem Altenheim lebt.
Ein paar Wochen später war dann die Gedenkfeier.
In der Zwischenzeit haben alle fleißig ihre Texte vorbereitet und geübt. Am Abend der Veranstaltung haben wir uns alle in der evangelische Kirche in Quettingen versammelt und sind die Texte noch einige Male durchgegangen und haben letzte Verbesserungen vorgenommen. Irgendwann kamen dann auch die Zuhörer nach und nach und suchten sich Plätze. Vorwiegend bestand das Publikum aus etwas älteren Menschen, aber es waren auch einige Eltern und Lehrer da. Während des Vortrags unserer Erzählungen und Eindrücke wurde die Stimmung vom Klezmer-Ensemble der Musikschule immer wieder musikalisch untermalt. Wir haben uns in drei Gruppen unterteilt und weil es so viel über Ellishevas Leben zu erzählen gab, mussten wir uns leider auf einen Bereich ihres Lebens beschränken. Also haben die ersten zwei Gruppen etwas über ihre Liebe zu zwei Männern erzählt. Den einen, ihre Jugendliebe, hat sie in den Zeiten der Verfolgung verloren. Er starb in einem deutschen Konzentrationslager. Den anderen hat sie nach dem Krieg kennengelernt und durfte mit ihm das ganze Leben bis ins hohe verleben. Wir haben uns dafür entschieden, diese Seite ihres Lebens weiter zu geben, da es zwar ein wirklich trauriger Teil ihres Lebens ist, aber er trotzdem wirklich sehr schön endet und uns das alle sehr berührt hat.
Die dritte Gruppe hat noch etwas Allgemeines über das Leben früher und heute erzählt, wenn man aufgrund bestimmter Kriterien unterdrückt und diskriminiert wird. Und obwohl wir diese Texte alle schon mehr als einmal gehört hatten, hatten wir alle wieder Tränen in den Augen.
Während des Workshops hatten wir alle die Möglichkeit, Ellisheva einen Brief zu schreiben und an dem Abend haben wir bereits eine erste Rückmeldung bekommen. In der Zeit zwischen dem Workshop und der Gedenkveranstaltung hat Sarah mit Ellisheva telefoniert und ihr über den Workshop berichtet. Das Telefonat durften wir uns an dem Abend als Aufnahme anhören. Sie hat sich wirklich über die Reaktionen gefreut.
Danach ging Vanessa Eisenhardt vom Verein zweitzeugen, welche uns an dem Abend begleitete, auf die Bühne und erzählte uns etwas über die Arbeit im Heimatsucher-Verein und auch davon, was sie selbst dazu beiträgt, um gegen Rassismus anzukämpfen und erläutert, was jeder dazu beitragen kann.
Am Ende des Abends haben wir unglaublich viel positives Feedback von allen Seiten bekommen und Vanessa hat noch weiter über den Verein und das Projekt berichtet, während man alles, was wir im Workshop erarbeitet haben, anschauen konnte und ein paar mehr Eindrücke von Elischevas Leben erhalten konnte.
[Celina Gronek]